up

Der Russland-Ukraine-KonfliktDer Russland-Ukraine-Konflikt

Kapitel 14

Nationale Verfahren gegen Kriegsverbrecher: Ein neuer Sonderstrafgerichtshof?

von Johanna Reim

Schlagzeile der Bildungzeitung vom 18.3.2023:

Wieso läuft Vladimir Putin immer noch frei herum?
Wieso wird der Internationale Strafgerichtshof nicht tätig?
Wieso debatieren Politikerinnen und Politiker über einen Sonderstrafgerichtshof?

Was ist eigentlich das Problem?

Der steinige Weg internationaler Strafgerichte – eine Historie

Foto des Verhandlungssaals der Nürnberger Prozesse
Bundesarchiv: https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5364079
Verhandlungssaal der Nürnberger Prozesse vom 30. September 1946

Den Grundstein aller internationalen Strafgerichtshöfe legt nach dem 2. Weltkrieg der Internationale Militärgerichtshof im Rahmen der Nürnberger Prozesse. In den 1990er Jahren folgen die Strafgerichtshöfe für das ehemalige Jugoslawien und für Ruanda.

Heute gibt es vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag die Möglichkeit, Personen u.a. für Kriegsverbrechen strafrechtlich zur Verantwortung ziehen, basierend auf dem Verbrechenskatalog des sogenannten Römischen Statuts des Gerichtshofs.

Russland und die Ukraine sind jedoch nicht Mitglied des Gerichtshofs!

Illustration: Marlin Beringer

Weder Russland noch die Ukraine sind Vertragspartei des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs. Grundsätzlich besteht nur für die Vertragsparteien die Möglichkeit, dass die Staatsanwaltschaft des Gerichtshof Ermittlungen aufnimmt. 

Aber es gibt weitere Optionen:

Auf „Umwegen“ sind Ermittlungen und Anklagen aber möglich!

1. Option: Der UN Sicherheitsrat

Illustration: Marlin Beringer

Ein solcher Umweg kann beispielsweise durch eine Überweisung der „Situation“ durch den UN Sicherheitsrat an den Internationalen Strafgerichtshof genommen werden. Jedoch ist Russland ein ständiges Mitglied mit Veto-Recht und blockiert aktuell jegliche Handlungen im Zusammenhang mit der Ukraine. Diese Option ist also unrealistisch.

2. Option: Anerkennung des Internationalen Strafgerichtshofs

Schlagzeile vom 24.3.2023 auf taz.de:
https://taz.de/Haftbefehl-des-IStGH/!5921389/#:~:text=BERLIN%20taz%20%7C%20Am%2017.,aus%20der%20Ukraine%20nach%20Russland.
Bereits 2014 nach der ersten russischen Invasion und anschließender Besatzung der Krim hat die Ukraine einseitig die sogenannte Gerichtsbarkeit des Internationalen Strafgerichtshof anerkannt. Damit darf die Staatsanwaltschaft des Gerichtshofs Ermittlungen zu Kriegsverbrechen durch Russland in der Ukraine seit 2014 durchführen. 

Am 17.03.2023 wurde ein Strafbefehl gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin und die russische Kinderrechtsbeauftragte aufgrund des begründeten Verdachts der Deportation ukrainischer Kinder erhoben.

3. Option: Ein Sonderstrafgerichtshof

Tweets von Gordon Brown, ehemaliger Premierminister des Vereinigten Königreichs, vom 28.12.2022:
Tweets von Gordon Brown, früherer Premierminister Großbritanniens, vom 28.12.2022

Zusätzlich fordern einige die Errichtung eines Sonderstrafgerichtshofes, um neben Kriegsverbrechen auch den rechtswidrigen Angriffskrieg durch Vladimir Putin als solchen strafrechtlich zu verfolgen. 

Hierfür kann Putin aktuell nicht vom Internationalen Strafgerichtshof angeklagt werden. Ein solcher Sondergerichtshof ist jedoch nicht einfach einzurichten, politische und rechtliche Herausforderungen bestehen.





Welche Option ist angemessen? Realistisch?