up

Der Russland-Ukraine-KonfliktDer Russland-Ukraine-Konflikt

Kapitel 11

Besatzungsrecht und Deportationen

von Laura Smildzere

Was ist passiert?

Illustration: Marlin Beringer

Russland hat sich verschiedene Regionen der Ostukraine einverleibt und deportiert Personen nach Russland, darf es das?

Nach dem völkerrechtswidrigen Einmarsch der russischen Armee in die Ost-Ukraine hat es die Oblaste Donezk und Luhansk annektiert und betrachtet diese nun als zu Russland zugehörig.

Rechtlich handelt es sich jedoch um eine zeitlich begrenzte militärische Besetzung dieser Regionen, welche durch das sog. Besatzungsrecht geregelt ist. Ziel des Besatzungsrechts ist es, die politische und soziale Stabilität in den Gebieten zu erhalten, indem die Besatzungsmacht das bisherige öffentliche Leben und das dort geltende nationale Recht respektieren und erhalten muss.

Die Oblaste Donezk und Luhansk – Besetzte Gebiete

Ein Gebiet ist besetzt, wenn es sich in der tatsächlichen Gewalt eines fremden Staates befindet, und dieser dort staatliche Kontrolle ausübt. Die Oblasten Donezk und Luhansk werden zwar von ukrainischen Separatisten verwaltet, jedoch kontrolliert Russland diese, so dass rechtlich von einer russischen Besatzung ausgegangen wird.

Rechtliche Vorgaben bei einer Besatzung

Illustration: Marlin Beringer

Als Besatzungsmacht darf Russland den rechtlichen Status der Oblaste nicht durch Abstimmungen und Referenden verändern. Die Unabhängigkeitserklärungen bzw. die Annexionen der Oblaste wie auch die Referenden verstoßen damit gegen das Besatzungsrecht und sind rechtswidrig.

Das Völkerrecht erkennt zwar eine freiwillige Gebietsabgabe (sog. Zession) und eine selbstbestimmte Abspaltung von Völkern (sog. Sezession) an, doch kann beides in der Ukraine nicht angenommen werden, da es an entsprechenden Erklärungen oder einem vom ukrainischen Volk getrenntem Volk fehlt.

Darf Russland Ukrainerinnen und Ukrainer und ihre Kinder verschleppen?

Illustration: Marlin Beringer
Illustration: Marlin Beringer
Schlagzeile vom 24.3.2023 auf taz.de:
https://taz.de/Haftbefehl-des-IStGH/!5921389/

Das Völkerrecht verbietet grundsätzlich die Deportation von Menschen. Die Genfer Konventionen erlauben Räumungen der Zivilbevölkerung nur in absoluten Ausnahmefällen zu ihrem eigenen Schutz, beispielswiese bei militärischen Gegenangriffen.

Laut Berichten von Menschenrechtsorganisationen hat Russland Deportationslager eingerichtet, um Teile der ukrainischen Bevölkerung in den besetzen Gebieten nach Russland zu verschleppen.

Berichte über Eltern und Kinder, die voneinander getrennt und verschleppt werden, haben bereits zu einem Strafbefehl gegen Präsident Vladimir Putin und die Beauftragte für die Rechte des Kindes im Büro des Präsidenten, Frau Maria Alekseyevna Lvova-Belovavor, vor dem Internationalen Strafgerichtshof geführt. Wie wird der Gerichtshof bei Klageerhebung wohl entscheiden?