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Der Russland-Ukraine-KonfliktDer Russland-Ukraine-Konflikt

Kapitel 3

Letzte Ausfahrt Annexion

von Ben Köpke

Der Traum: Ein russisches Imperium

Illustration: Marlin Beringer
„Ohne die Ukraine hört Russland auf, ein Imperium zu sein“

Schlagzeile des Tagesspiegel vom 22.2.2022:
https://www.tagesspiegel.de/politik/ohne-die-ukraine-ist-russland-keine-grossmacht-5419849.html

Dies schrieb 1997 der frühere US-Sicherheitsberater Zbigniew Brzezinski unter Präsident Carter. Diese Worte sind über ein Vierteljahrhundert alt und dennoch aktuell.

Vielleicht erklären sie auch, warum Präsident Putin mit Brachialgewalt für die Wiederherstellung eines russisch dominierten Imperiums kämpft, als dessen historische Vorlage eine Melange aus Zarenreich und Sowjetunion dient, ein Imperium, dessen Existenz ohne die Ukraine undenkbar ist.

Annexionen in 2014 und 2022

Der gewaltsamen Annexion der Krim im Jahr 2014 folgte am 24. Februar 2022 der völkerrechtswidrige Angriff auf die gesamte Ukraine. Das Ziel: der Austausch der pro-westlichen Regierung in Kiew, die Einverleibung der Ukraine in die russische Einflusssphäre einschließlich der Schwarzmeerküste, sowie eine Spaltung des Westens.

All diese Pläne sind größtenteils gescheitert – militärisch wie auch strategisch.

Der Versuch völkerrechtlicher Legitimation: Referenden in der Ostukraine

Illustration: Marlin Beringer
Berichterstattung der BBC. Abbildung von Wahlurnen mit Russischer Flagge im Hintergrund
https://www.bbc.com/news/world-europe-63052207
Abbildung von Wahlurnen mit Russischer Flagge im Hintergrund

Nach der gewaltsamen und völkerrechtswidrigen Annexion der Krim 2014 hat Russland in einer Großinvasion im Februar 2022 auch die östlichen Regionen (Oblaste) der Ukraine (Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson) eingenommen. 

Um diese weitere Annexion völkerrechtlich zu legitimieren, führte Präsident Putin im September 2022 Referenden in den besetzten Oblasten durch. Es wurde erfragt, ob die Bürgerinnen und Bürger mit der „Abspaltung von der Ukraine" und der Eingliederung „in die Russische Föderation" einverstanden seien bzw. ob sie „den Beitritt der Republik zu Russland" unterstützten.

Aber der Versuch der Legitimation scheitert...

Art. 1 UN-Charta:
Schlagzeile der Tagesschau vom 27.9.2022 nach
https://www.tagesschau.de/ausland/europa/scheinreferenden-russland-ukraine-101.html

Moskau stützt sich auf das in der UN-Charta verankerte Selbstbestimmungsrecht der Völker, wonach „Völker“ mehr Autonomität und in Ausnahmefällen auch Unabhängigkeit erlangen können.

Allerdings ist es gar nicht einschlägig: Die in diesen Regionen lebenden Menschen gehören dem ukrainischen Staatsvolk an und sind kein eigenständiges Volk, das sich auf das Selbstbestimmungsrecht berufen könnte.

Auch ist eine Abspaltung dieser Regionen rechtlich gar nicht durch ein solches Referendum möglich: Es liegen entgegen anders lautender russischer Behauptungen keine Beweise für schwerste Diskriminierungen oder Menschenrechtsverletzungen oder einen Völkermord durch die Ukraine vor, welche ein Abspaltungsrecht begründen könnten.

Es hat sich zudem nur ein Bruchteil der ukrainischen Bevölkerung beteiligt, und dass unter russischen Repressionen und unter Kriegsrecht abgehaltenen Abstimmungen.

Es bleibt bei einer völkerrechtswidrigen Annexion!

Illustration: Marlin Beringer

Durch die völkerrechtswidrige Annexion der Oblaste Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson werden diese nicht russisch. Diese Oblaste gehören rechtlich weiterhin zum ukrainischen Territorium, Russland konnte diese Gebiete lediglich einnehmen und besetzen. Andere Staaten dürfen diese Gebiete damit auch nicht als russisches Territorium anerkennen.